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Gesunde Zukunft | NEWS

19.12.13 // Zu Tode erschreckt

veröffentlicht am: 19-12-2013
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Zu Tode erschreckt?

Zwei schwer verletzte Menschen, neun tote Pferde. So die Bilanz eines Unfalls. Später findet man Wolfsspuren vor Ort.

Von Marco Henkel

Zunächst war es nur ein vager Verdacht. Jetzt scheint er sich bestätigt zu haben: Wölfe sind zumindest mit schuld an dem schlimmen Unfall, bei dem in der vergangenen Woche eine 39-jährige Frau und ein 24-jähriger Mann schwer verletzt wurden und neun Pferde starben. Wie die Sächsische Zeitung erfuhr, belegt dies ein Gutachten. Die Spurenlage auf dem Gelände zeigt demnach, dass zwei bis drei Wölfe die Pferde aus der Koppel herausgetrieben haben. In ihrer Panik flüchteten die Tiere in Richtung der Bundesstraße6 in Diera-Zehren. Zunächst schien damals alles noch einmal gut zu gehen. Pferdehofbesitzer Peter Kunath gelang es, mithilfe der Polizei die Pferde einzufangen. Doch als Kunath die Tiere zurück zur Koppel führte, scheute ein Wallach, das Leittier der Herde, erneut. Etwas hatte ihn erschreckt. Wieder flüchteten die Tiere zurück zur Straße. Die Autos dort hatten keine Chance auszuweichen und prallten in die Herde.Nach der Spurensuche der Gutachter steht nun fest, wovor der Wallach plötzlich so erschrak. Auch an dieser Stelle fanden sie Pfotenspuren der Wölfe und eventuell auch deren Losung, also Kotspuren. Das muss jedoch noch eine genauere Untersuchung zeigen.

Stich ins Wespennest

 

Für die Gutachter sind ihre Erkenntnisse äußerst brisant. „Wir stechen damit in ein Wespennest“, so einer von ihnen. Sie haben deswegen einen Brief an den sächsischen Innenminister Markus Ulbig verfasst, der in den kommenden Tagen losgeschickt werden soll. Bevor er dem Ministerium nicht vorliegt, wollen sie ihre Namen nicht in der Zeitung lesen.

Bislang waren es eher kleinere Tiere wie Schafe und Ziegen, die dem Wolf zum Opfer fielen. So registrierte das Wolfsbüro Lausitz in diesem Jahr insgesamt 21 Fälle von Angriffen auf Nutztiere, bei denen ein Wolf als Verursacher festgestellt oder zumindest nicht ausgeschlossen werden konnte. Genau 50 Nutztiere wurden bei den Angriffen getötet oder sind seitdem vermisst. Sechs weitere wurden verletzt. Angriffe auf größere Nutztiere wie Pferde oder Kühe seien selten, sagt André Klingenberger vom Sachsenforst im April dieses Jahres, da sie Wölfen körperlich überlegen sind. Doch Pferde sind Fluchttiere. Selbst von Rehen oder Wildschweinen können sie leicht in Panik versetzt werden. Deswegen äußerte Pferdebesitzer Kunath nach dem Unfall die Vermutung, dass Wildtiere für den Ausbruch verantwortlich sind.

Einmaliger Fall in Sachsen

Beim Wolfsbüro in der Lausitz, der offiziellen Informationsstelle für Wölfe in Sachsen, hat man laut Mitarbeiterin Helene Möslinger noch keine Hinweise erhalten, dass an dem Unfall Wölfe beteiligt waren. „Wir haben noch keine Meldung des Wolfsbeauftragen des Landkreises Meißen dazu bekommen“, so die Wolfsexpertin. Sie betont jedoch, dass bisher in Sachsen kein Fall bekannt ist, bei dem Wölfe nachweislich für Ausbrüche größerer Tiere verantwortlich waren und bei dem dadurch Schäden entstanden. Deswegen gibt es bei größeren Tieren im Gegensatz zu Schafen oder Ziegen keine Richtlinien, wie man sie einzäumen muss, damit die Besitzer Schadenersatz geltend machen können. Über derlei Maßnahmen müsse erst nachgedacht werden, wenn sich solche Fälle häufen, so das Wolfsbüro. „Man geht davon aus, dass die Tiere sich selbst gegen Angriffe wehren würden.“ Übersetzt heißt das wohl, dass Besitzer Kunath auf Schadensersatz für seine toten Tiere hoffen kann, falls das Gutachten anerkannt wird.

Brisant ist auch die Anzahl der Wölfe, die laut Gutachten die Pferde aus der Koppel getrieben haben. Denn das nächste nachgewiesene Rudel ist das in der Königsbrücker Heide – und die liegt rund 40 Kilometer vom Unfallort entfernt. In der Umgebung von Meißen wurden bislang nur einzelne Tiere beobachtet. Dabei handelt es sich wohl um Jungtiere, die sich von ihren Eltern getrennt haben und auf der Suche nach einem neuen Rudel sind. Rudel selbst verlassen ihr Gebiet hingegen nicht.

Quelle: sz-online.de

Zuletzt geändert am: 19-12-2013 um 22:30

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