Wolf, du hast das Huhn gestohlen

Ein Welpe aus dem Nochtener Rudel hat vor den Menschen offenbar keine Scheu. Das ist einigen ein Dorn im Auge.

Dafür hatte er nun umso mehr Glück und konnte den erneuten Besuch mit der Kamera festhalten. Und: Als ob so ein Ereignis nicht schon ungewöhnlich genug wäre, zeigt der Schnappschuss eine weitere Kuriosität.

Auf dem Foto ist zu erkennen, dass der Wolf etwas im Maul trägt: Ein Huhn, das aus dem Gehege ausgebüxt war. Die Leichtsinnigkeit bezahlte das Tier mit dem Leben. Der Wolf dagegen trollte sich zufrieden mit der Beute.

Für Ilka Reinhardt vom Wildbiologischen Büro Lupus ist der Vorfall eine Sensation. „Es kommt schon mal vor, dass Wölfe gesehen werden. So wie andere Tiere eben auch. Nur passiert das selten am helllichten Tag“, sagt die Expertin. Aber so?

Dank des Schnappschusses von Reinhard Geißler konnte auch ermittelt werden, dass es sich um ein Jungtier handelt, das erst im Mai dieses Jahres geboren ist. „Wir haben es hier mit einem Welpen aus dem Nochtener Rudel zu tun“, sagt Ilka Reinhardt. Darauf deuten auch weitere Fakten hin. So wirkt der Wolf auf den Fotos klein und mickrig. Anzeichen dafür, dass das Tier an Räude leidet – einer Milbenerkrankung. „Er weist einige Symptome auf. Das Fell ist struppig und hat einige kahle Stellen. Das dürfte normalerweise nicht so sein“, erklärt die Expertin.

Seit der Vorfall bekannt wurde, achtet das Wildbiologische Büro Lupus verstärkt auf Reichwalde. „Bisher ist es ruhig. Der Wolf ist eine ganze Weile nicht mehr gesehen worden“, sagt Ilka Reinhardt. Sie hat bereits mit den Anwohnern gesprochen und ihnen Tipps gegeben, wie sie sich verhalten sollten, falls sich noch einmal ein junger Wolf blicken lässt. „Auf gar keinen Fall sollten Essensreste auf dem Komposthaufen entsorgt werden“, sagt sie . Das locke die Tiere nur an. Stattdessen empfiehlt sie beim Auftauchen eines Wolfes, Experten Bescheid zu geben.

Reichwaldes Ortsvorsteher Manfred Herz sieht das alles ganz anders. „Wozu gibt es denn eigentlich das Büro?“, fragt er. Das sei in seinen Augen völlig überflüssig. „Das Geld, was dort reingesteckt wird, könnte anderswo investiert werden“, ist der Ortsvorsteher überzeugt. Ihn störe vor allem, dass der Wolf gegenüber anderen Wildtieren eine Sonderstellung einnimmt. „Der kann ja machen, was er will. Er hat ja keine Feinde“, sagt Herz. Und: So könne das doch nicht weitergehen. Kurz nach dem Vorfall mit dem jungen Wolf und dem Huhn sei schließlich ein weiteres Tier im Dorf gesichtet worden. „Eine Anwohnerin hat einen erwachsenen Wolf gesehen, der am helllichten Tag durch den Ort spaziert ist.“ In der Nähe hätten Kinder an einer Bushaltestelle gestanden. Dagegen müsste doch etwas unternommen werden.

„Natürlich geht da die Angst um. Immerhin sind ja Kinder im Spiel“, sagt Manfred Herz. Er hegt die Hoffnung, dass sich vielleicht die Jäger dieser Angelegenheit annehmen könnten. So einfach ist das allerdings nicht.

„Wir werden auf gar keinen Fall reagieren“, sagt Christian Berndt, Vorsitzender des Jagdverbandes Niederschlesische Oberlausitz. Er sieht das Wolfsbüro und das Wildbiologische Büro Lupus in der Pflicht. „Die müssen doch untersuchen, was genau mit dem Wolf ist, ob er irgendwelche Krankheiten hat“, sagt Christian Berndt. Und dann spiele natürlich die Aufklärung eine große Rolle. „Da muss auch die Kommune etwas tun.“

Quelle: sz-online.de

Zuletzt geändert am: 06-12-2013 um 00:44

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