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Gesunde Zukunft | NEWS

05.04.2014 // Rüdersdorf - Bürgerinitiative wertet Erörterung als Erfolg

veröffentlicht am: 06-04-2014
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Bürgerinitiative wertet Erörterung als Erfolg * Vertrauen erschüttert

Rüdersdorf (MOZ) 26 Stunden an drei Tagen haben die Behörden, Vattenfall, die Gemeinde Rüdersdorf und die Bürgerinitiative Gesund leben am Stienitzsee sachlich-konstruktiv miteinander diskutiert. Über die Vattenfall-Pläne.

Eines sei vorangestellt: Wer an den Erörterungstagen teilgenommen hat, der war bei einer hochkarätig besetzten Fach-Veranstaltung dabei. Sowohl die Gemeinde Rüdersdorf mit ihrem Gutachter Christian Tebert als auch die Bürgerinitiative (BI) Gesund leben am Stienitzsee waren bestens vorbereitet. Letztere dank des Umweltnetzwerks Hamburg, einem Zusammenschluss von Umweltwissenschaftlern um Geschäftsführer Klaus Koch. An dessen Seite Peter Gebhardt vom Ingenieurbüro für Umweltschutztechnik und Fach-Rechtsanwältin Franziska Heß aus Leipzig. Die Fachleute von Gemeinde und BI warfen sich gegenseitig die Bälle zu, hakten nach, bohrten tief und es folgten Antrag um Antrag. Und im Ergebnis Eingeständnisse der Fachbehörde, dass es bei dieser und jener Frage noch tiefgründigerer Antworten bedarf, die Vattenfall noch liefern muss. Das Ergebnis nach drei Tagen für die Gemeinde und BI steht fest: Der Ausbau der Anlage ist nach derzeitigem Stand nicht genehmigungsfähig, die Antragsunterlagen sind unzureichend und verfügen über grobe Fehler.

Folgendes wurde laut BI aufgedeckt: Zum Verfahren hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgelegt werden müssen. Die Vorprüfung weist schwere methodische Fehler auf. Diese wurde vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) anerkannt und eine Wiederholung unter Berücksichtigung aller Änderungen der Anlage seit 2007 zugesagt.

Das TÜV-Gutachten wurde durch die Sach- und Rechtsbeistände grundlegend erschüttert. Die Schlussfolgerung, dass die Anlage den bestmöglichen Stand der Technik einhält, ist nicht belastbar. Die Immissionsprognose für Luftschadstoffe ist unbrauchbar. Denn es wurde nicht die zu erwartende Gesamtbelastung (250 000 Tonnen plus zusätzlich jetzt beantragt 20 000 Tonnen macht 270 000 Tonnen) betrachtet. Sondern allein 20 000 Tonnen. Das sei ein schwerwiegender methodischer Fehler, der auch bei der Lärm- und Geruchsprognose verwandt wurde. Auch dieser Vorwurf wurde vom LUGV geteilt.

Weiterhin wurde festgestellt, dass sowohl bei Quecksilber als auch bei Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) und Zinn die Irrelevanzschwelle überschritten wird, so dass die Kenngrößen für die Vorbelastung hätten ermittelt werden müssen. Speziell bei den krebserregenden Dioxinen und Furanen ist die Prognose in sich nicht nachvollziehbar - hier wurde vom LUGV eine kritische Prüfung zugesagt. Eine neue Immissionsprognose wurde beantragt.

Die kumulierenden Vorbelastungen hätten mit Bezug zu den FFH-Gebieten (Fauna-Flora-Habitat) der Region Rüdersdorf insgesamt erfasst werden müssen, was nicht erfolgt ist. Der "Critical Load" (Belastungsgrenzwert) aller Stickstoffeinträge wird bereits durch die jetzigen Anlagen erreicht. Vattenfall muss deshalb eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchführen - auch diesen Fakt will das LUGV kritisch prüfen.

Doch wie sieht das Ganze Vattenfall? Andreas Beyer, Leiter Genehmigungen und Sprecher für Vattenfall, während des Erörterungstermins dazu: "Wir wissen, dass es sich bei der Abfallverbrennung um ein sehr emotionales Thema handelt. Und die Auffassungen dazu gehen in vielen Punkten ... auseinander. Es ist ... gut, dass vor allem am ersten Tag so viele Rüdersdorfer gekommen sind, um sich aus erster Hand zu informieren." Beyer wertet, dass die Diskussionen während der 26 Stunden Erörterung stets sachlich und konstruktiv waren. Sie hätten gezeigt, dass es den Rüdersdorfern keineswegs um eine Fundamentalopposition um jeden Preis geht. "Sie fordern Informationen, um die Sachlage als Ganzes bewerten zu können. Das ist nachvollziehbar", sagt Beyer.

Insbesondere für die beantragten Änderungen bei der Eingangskontrolle, aber auch bei der Erweiterung der genehmigten Abfallarten samt Mengenerhöhung hatte Vattenfall den Eindruck, dass der Erörterungstermin zur Aufklärung beitragen konnte. Überdies hätten die beiden toxikologischen Gutachter deutlich gemacht, dass es eine Reihe von Einflussfaktoren gibt, die auf die Umwelt und die Menschen wirken. Dies ist die Industrie, aber eben auch Verkehr oder hauseigene Feuerungsanlagen.

"Was das laufende Änderungsgenehmigungsverfahren angeht, so ist nun die Genehmigungsbehörde am Zug. An ihr ist es, die gemachten Einwände und Anträge zu bewerten und gegebenenfalls in den Genehmigungsbescheid einfließen zu lassen", so Beyer abschließend. Mit einem Ergebnis, möglicherweise eine zweite Erörterung, wird in einigen Monaten gerechnet.

Als großen Erfolg wertet die Bürgerinitiative, dass das von der Gemeinde beauftragte humantoxikologische Gutachten in die Bewertung mit einfließen wird.

Quelle: moz.de

Zuletzt geändert am: 06-04-2014 um 18:50

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