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02.03.16|Der Landtag und die Bäume

veröffentlicht am: 02-03-2016
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Der Landtag und die Bäume

Um 15 Eschen in Wachau ist ein Streit entbrannt. Es geht um den Naturschutz, Geld und die Frage: Wurde falsch geplant?

Von Thomas Drendel

Zweihundert Meter Straße, 15 Eschen und ein handfester Streit. – Das sind die Zutaten der Geschichte, die mittlerweile den Sächsischen Landtag und das Umweltministerium in Dresden beschäftigt. Corpus Delicti ist der Kirchweg in Wachau. Im vergangenen Jahr schien noch alles klar. Der Wachauer Bürgermeister Veit Künzelmann (CDU) erklärte, das Stück Weg wird asphaltiert, das Amt für ländliche Neuordnung bezahlt das Ganze, abgesehen von einem Anteil der Gemeinde. Auch das Genehmigungsverfahren war abgeschlossen. Jetzt ist wieder alles offen.

Der Experte: Bäume können stehen bleiben

Straßenbauingenieur Dr. Ditmar Hunger aus Dresden ist aufgebracht. „Es ist ein Frevel, diese etwa 120 Jahre alten Bäume zu fällen. Sie gehören zum Ensemble des Schlosses. Ohne sie verändert sich das Bild in der historischen Ortsmitte sehr stark. Sie sollten unbedingt erhalten bleiben“, sagt er. Auf die Pläne ist er durch einen Beitrag in der SZ aufmerksam geworden. „Ich bin dann nach Wachau gefahren und habe mir das Stück Weg angesehen.“ Alle aufgeführten Argumente sind seiner Ansicht nach nicht stichhaltig. So wird bei einem Ausbau keinesfalls die Standfestigkeit der Bäume gefährdet. „Die Wurzeln liegen in ausreichender Tiefe. Sie würden bei einem Ausbau nicht beschädigt. Gegebenenfalls könnte man die Straße etwas höher legen“, sagt der Fachmann, der sich in mehreren Bundesländern für den Erhalt von Baumalleen einsetzt. Ditmar Hunger war Inhaber eines Planungsbüros, jetzt ist er im Ruhestand. Der Ingenieur bezweifelt, dass der Kirchweg für so extreme Belastungen ausgelegt werden muss. „Nach meinen Informationen fahren einige Fahrzeuge des Vereins Wunder Land darüber. Der Kirchweg muss nicht den Belastungen einer normalen Straße standhalten.“ Auch das Argument, zwischen Kirchmauer und der Baumreihe sei zu wenig Platz für einen regelgerechten Ausbau, folgt er nicht. „Ich habe nachgemessen. Der Abstand beträgt 4,70 Meter. Das reicht völlig aus.“

BUND und Landtagsfraktion der Grünen: Weg ist überdimensioniert

Ähnlich sehen das der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Grüne Landtagsabgeordnete Wolfram Günther. Auch nach Einschätzung des BUND Sachsen ist die Straße zu groß geplant. Die Verkehrsbelastung ist gering. Im Bereich der Bäume sollte zu ihrem Schutz nach Detaillösungen gesucht werden, sagte BUND-Landeschef Felix Ekardt. Nach einem Vororttermin hatten die Naturschützer Mitte Februar beim Landratsamt Widerspruch gegen die Baumfällungen eingelegt. Überraschend hatte die Behörde schnell reagiert und das gesamte Verfahren auf Eis gelegt. „Uns wurde mitgeteilt, dass das Genehmigungsverfahren vorerst ausgesetzt ist.“ Inzwischen hat Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, zu dem Thema eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung gestellt. „Die Fällung der alten Eschen ist aus meiner Sicht völlig unnötig, sagt er. Es sei möglich, die Straße wurzelschonend zu sanieren. Diese Variante wäre zudem mit rund 60 000 Euro um die Hälfte günstiger als die geplante. „Mithilfe der Kleinen Anfrage will ich erfahren, ob die Staatsregierung die Auffassung teilt, dass eine überdimensionierte Planung vorliegt“, erklärt Wolfram Günther. „Von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) erhoffe ich mir die Klarstellung, dass künftig bei ähnlichen Planungen, Betrachtungen erfolgen müssen, die den Erhalt von solchen Baumreihen oder Alleen zum Ziel haben.“

Gemeinde Wachau: Ärger nach dem Sanierungsstopp

Der Wachauer Bürgermeister Veit Künzelmann (CDU) ist dagegen sauer. „Jahrelang diskutieren wir über den Ausbau und glaubten uns am Ziel und jetzt der Stopp. Ich rechne damit, dass in diesem Jahr nicht mehr mit den Arbeiten am Kirchweg begonnen werden kann. Vielleicht kommt es überhaupt nicht mehr zu einem Ausbau. Das ist sehr ärgerlich.“ Steffen Jakob, Gemeinderat der Offenen Bürgerliste (OBL) hofft dagegen auf eine Sanierung in diesem Jahr. „Es wäre gut, wenn endlich Asphalt auf den Weg kommt. Wenn dann noch die Eschen stehen bleiben, umso besser.“

Eine Klärung zwischen Naturschützern und Behörden soll ein Gespräch am 14. März bringen. Dazu hat das Landratsamt Bautzen eingeladen. Dabei soll erläutert werden, ob der Weg überdimensioniert ist, ob der Platz ausreicht und demzufolge die Bäume stehen bleiben können. Dann geht es auch um die Frage, ob zu leichtfertig mit dem Naturschutz umgegangen wurde. Wann dann die endgültige Entscheidung fällt, ist nach Angaben von Sabine Rötschke vom Landratsamt noch offen. Sicher ist aber schon jetzt, die Bäume können in diesem Frühjahr nicht mehr gefällt werden. Die Frist ist abgelaufen. Während der Vegetationsperiode ist eine Fällung untersagt. Ein Ausbau 2016 wäre nur möglich, wenn die Bäume stehen bleiben sollen.

Quelle: sz-online.de

Zuletzt geändert am: 02-03-2016 um 03:08

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