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09.07.15|Bremst Deutschland die tschechische Elbe-Staustufe aus?

veröffentlicht am: 09-07-2015
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Bremst Deutschland die tschechische Elbe-Staustufe aus?

Das Projekt könnte am Niedrigwasser auf der deutschen Elbe scheitern.

Von Steffen Neumann

 

Ohne deutsche Anstrengungen zum Ausbau der Elbe-Wasserstraße wird die von Tschechien geplante Staustufe in Decin die Schiffbarkeit des Flusses nicht verbessern. Das bestätigte Jiri Aster, Vizepräsident der Kammerunion Elbe-Oder, auf einem Forum des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Man kann auch mit der Staustufe keine großen Zunahmen im Güterschiffverkehr erwarten. Das hängt vielmehr von Maßnahmen auf der deutschen Elbe ab“, so Aster, der als einer der größten Lobbyisten für die Staustufe gilt. Aster verwies auf die 2006 von Deutschland abgegebene Erklärung, eine Fahrrinnentiefe von bis zu 160 Zentimetern an 345 Tagen im Jahr zu gewährleisten.

Doch ob es dazu kommt, ist laut BUND fraglich. „Die Realität sieht anders aus. In den letzten Jahren wurde die geforderte Fahrrinnentiefe an mindestens zwei Monaten im Jahr unterschritten. In diesem Jahr sogar schon an vier Monaten“, verwies Elbeschützer Ernst Paul Dörfler vom BUND auf die aktuelle Trockenlage. Die Unterhaltungsmaßnahmen, zu denen sich Deutschland verpflichtet hatte, seien damit gescheitert. Und ein Ausbau der Wasserstraße sei nicht gewollt, das sei politischer Konsens, so Dörfler. „Unser Problem ist das fehlende Wasser. Seit 1989 wurden 22 Tagebaue stillgelegt, die die Elbe früher mit Wasser versorgt haben. Seitdem ist der Pegel um einen halben Meter gesunken“, fügt Dörfler hinzu.

Über das weitere Schicksal entscheidet das für 2016 angekündigte neue Elbe-Konzept. „Doch schon jetzt wird uns signalisiert, dass die 160 Zentimeter nicht zu halten sind. Nur traut sich das im Bundesverkehrsministerium noch keiner, das so offen den Tschechen zu sagen“, so Dörfler.

In Prag scheint man sich allerdings darauf schon einzustellen. „Am Ende ist es egal, ob es 160 oder 150 Zentimeter sind. Das lohnt sich für uns trotzdem“, sagt Aster. „Die Staustufe wird primär ohnehin nicht gebaut, um den Güterverkehr zu erhöhen, sondern um die Preise im Bahnverkehr zu senken“, so Asters überraschende Erklärung. Ohne die Konkurrenz der Güterschifffahrt würde die Bahn ihre Preise erhöhen. Der zweite wichtige Grund seien die großformatigen Transporte, die nicht mit der Bahn und nur schwer auf der Straße zu bewegen sind. Für diese Transporte brauche es aber nicht die 160 Zentimeter.

 

Das letzte Wort haben die Richter

Der BUND hätte für sein Dialogforum keinen besseren Ort finden können. Auf einem wackeligen sechs mal zwei Meter engen Schlauchboot aus DDR-Zeiten schipperten Umweltschützer, Rechtsexperten, Politiker und Journalisten von Decin die Elbe hinunter. Beide Seiten stellten sogar Gemeinsamkeiten fest. „Wir wollen auch, dass auf der Elbe weiter Güterschiffe fahren, aber nicht zuungunsten der Natur“, sagte der Dresdner Grünen-Abgeordnete Stephan Kühn. Einig waren sich beide Seiten in der Forderung, der Elbe und ihren Zuflüssen mehr Retentionsflächen zu ermöglichen. „Wir versprechen uns davon weniger Schwankungen des Wasserspiegels und bis zu 30  Zentimeter Zugewinn bei der Fahrrinnentiefe“, so Aster. Und Dörfler: „Der Fluss muss sich ausbreiten können, das mindert die Hochwassergefahr.“ Gerade deshalb muss sich der Freistaat Sachsen im eigenen Interesse gegen eine Staustufe Decin stark machen. „Das Hochwasser 2002 hat gezeigt, dass Staustufen und Dämme die Flüsse einengen und damit die Hochwassergefahr erhöhen“, sagte der Umweltschützer.

Jiri Aster ist aber überzeugt, dass die neuen Pläne, die das tschechische Verkehrsministerium Ende August vorlegen will, die Umweltverträglichkeit der Staustufe belegen werden. Dass hier dem tschechischen Prestigeprojekt die größten Hürden drohen, deutet jedoch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an, das dem BUND einen Punktsieg im Streit um die geplante Vertiefung der Weser bescherte. Der EuGH stärkte die Gültigkeit der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die ein Verbesserungsgebot für sämtliche Gewässer in der Europäischen Union vorsieht.

„Unter diesen Umständen ist eine rechtliche Durchsetzbarkeit der Elbe-Staustufe nicht möglich“, sagt Franziska Heß, Vize-Landeschefin des BUND Sachsen, die im Falle einer Planfeststellung zugunsten der Staustufe eine Klage ankündigte. Befürworter Aster bleibt gelassen. „Die Situation in Tschechien ist ganz anders. Dort gibt es nicht nur die Weser, sondern noch mehr große Flüsse, bei uns ist es nur die Elbe. Sie ist unser einziger Meerzugang und damit von strategischem Interesse.“

Quelle: sz-online.de

Zuletzt geändert am: 09-07-2015 um 23:47

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